Im Kreis herum

Wissen, hinterfragt

Der Denzlinger Wolfgang Helmeth, im In- und Ausland unermüdlich und teils unkonventionell für eine ganzheitliche und praxisorientierte Bildung engagiert, sucht immer wieder den Kontakt zur "großen" Politik, um seine Ziele zu verdeutlichen. So auch beim "Forum Bildung" in Bonn. Bei dessen Startveranstaltung fragte Helmeth - aufgeschreckt und bestätigt durch PISA - Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD): "Wie viel Prozent des individuellen Anlagespektrums eines Menschen wird durch unsere Schulen systematisch geweckt und gefördert? Wie viel bleibt unbeschadet zurück und kann später entwickelt werden? Wie viel versandet, da man nicht rechtzeitig agiert hat?" Spontane Antwort der Bildungsministerin laut Helmeth: "Woher soll ich das wissen?!" - ehe sie im "Langen Eugen", dem ehemaligen Abgeordnetenhochhaus, entschwand. Ja, wenn schon die zuständige Ministerin in der Bundesregierung nicht die Stärken und vor allem Schwächen unseres Bildungswesens benennen kann oder möchte, dann läuft doch irgendwas schief. Nebenbei: Dass Bulmahn nicht immer souverän wirkt, konnte am Sonntagabend übrigens auch in der ARD bei der "Christiansen"-Talkshow zur beruflichen Bildung und Ausbildungssituation erkannt werden.

Zwar macht sich Idealist Helmeth mit seiner beharrlichen Penetranz sicherlich nicht überall Freunde, aber immerhin legt er nicht nur den Finger auf die Wunde, sondern versucht, seine Lösungsansätze in die Praxis umzusetzen - siehe seine international agierende Selbsthilfeorganisation "Edeju", siehe seine pfiffige lokale Aktion "Denzlinger Cleverle". Solche pädagogischen Wassertropfen höhlen letztlich jeden Stein in den Ministerien, Oberschulämtern und Schulen, doch lange können wir - im Interesse unserer Kinder und Enkel - mit umfassenden Bildungsreformen nicht mehr warten. Insofern hat Helmeths verbaler Überraschungsangriff auf die Berliner Bildungsministerin durchaus seine Berechtigung - auch wenn es natürlich schwer ist, so komplexe Bildungssachverhalte im Gehen und aus dem Stegreif zu beantworten.

Badische Zeitung, 30.07.2003